Die Nacht über hat es weiter geschüttet, doch unser Zelt ist superdicht geblieben und wir haben trocken und warm durchgeschlafen. Morgens ließ der Regen nach, aber Sarajevo war noch immer in dichten Nebel gehüllt. Wir sind nach einem herzlichen Abschied von Oli und seinem Camp Richtung Süden-Westen gefahren. Doch bevor es nach Mostar ging, sind wir zu den Orten der Winterolympiade um Sarajevo gefahren.
1984 waren die ersten Winterspiele, die nicht in irgendeiner Weise gegenüber den Staaten des Ostblocks boykottiert wurden. Tito hat seinerzeit ganze Arbeit geleistet, um das sozialistisch ausgerichtete Jugoslawien zusammenzuhalten und nach vorne zu bringen.
Die Winterspiele fanden um Sarajevo statt und die verschiedenen Stätten gibt es noch heute. Teile wurden nach dem Krieg wieder aufgebaut und andere liegen in Ruinen. Dabei ist genau das bedauerlich, denn an den Beispielen der Bob-Bahn und der Skisprungschanzen wurden seinerzeit die Grundpfeiler der heutigen architektonischen Olympiastandarts gesetzt. Zu den Einzelheiten kann man hier eine ganze Menge nachlesen: hier klicken.
Wir haben die Bob-Bahn, das Olympiadorf und die Skisprungschanze angesteuert. Alle drei liegen in Ruinen und konnten trotz ihrer damaligen Erfolge nie wieder für den Sport restauriert werden. Und das, obwohl der Winter in Bosnien auch heute noch reichlich Schnee bietet. Nichtsdestotrotz ist es eine beeindruckende Szenerie und man spürt einen Hauch von Olympia, wenn man auf der Schanze steht, auf der Matti Nykännen sein Debut mit einem Schanzenrekord feierte.
Nach etwa zwei Stunden „lost places“, so nennt man diese Art Ruinen, sind wir bei regnerischem Wetter gen südwesten nach Mostar gefahren. Die Landschaft wurde immer rauer und bergiger, so dass nur noch Forst- und keine Landwirtschaft mehr möglich sind. Es sind atemberaubende Blicke, die man während der Autofahrt genießen darf. Zum Glück wurde das Wetter immer besser und die Temperaturen kletterten innerhalb von 120 Minuten und 100km von 17 auf 32 Grad. Nebenbei bemerkt kam das unseren nassen Klamotten zu Gute, die derweilen zum Trocknen im Auto lagen. Dachten wir zumindest. Hat nix gebracht.
Wir kamen an unzähligen Restaurants (Restorans geschrieben) vorbei, vor deren Türen große Grills meist mit Hammel am Spieß gedreht wurden, mit großen mühlenartigen Holzrädern. Wir bekamen sofort Hunger, haben uns ein Brot für 1 bosnische Mark (1 Bosnische Mark=0,5 Euro) gekauft und eine Stulle am Wegesrand geschmiert. Restevernichtung.
Der Weg führte zuletzt kilometerlang am Fluss Neretva entlang, der eine wunderbare türkise Farbe hatte und schier endlos Wasser führte. Man kann sogar gut drin baden.
Gegen späten Mittag kamen wir am Camping ca. 3km vor Mostar an, welches an genau diesem Fluss liegt. Nach einem sehr lässigen Empfang haben wir unser Klappdach zum Trocknen aufgestellt, eine Wäscheleine gespannt und die nassen Sachen von gestern aufgehängt. Das war deutlich effektiver als alles andere, denn bei über 30Grad und Sonne trocknete ein tropfendes Handtuch innerhalb von Minuten. Läuft also!
Wir haben uns zügig umgezogen und sind zu Fuß nach Mostar Altstadt spaziert. Die ist bekannt für eine uralte Bogenbrücke, die mehrfach zerstört und zuletzt nach dem Krieg bis 2004 wieder aufgebaut wurde. Mit ihren dennoch über 500 Jahren galt und gilt sie noch immer als Symbol zwischen Ost und West, ursprünglich aus religiöser Sicht. Die Altstadt ist winzig und sehr schön. Allerdings gibt es dort zu viele Trödel- und Souvenierhändler und vor allem viel zu viele Touristen. Das der Tourismus dort angekommen ist merkt man spätestens, wenn man vor der Baustelle des fast fertigen Marriott Hotels steht, welches gleich am Rande der Altstadt posiert. In ein paar Jahren wird dieser Ort kein Geheimtipp mehr sein.
Den Rest des Abends verbringen wir am Fluss in unserem Camp, nachdem wir uns in der Altstadt gestärkt haben. Es hat einen Hauch von Safari, bei alter Musik aus den 50ern und Gin Tonic in einem offenen Holz-Haus auf Stelzen am Fluss zu sitzen und den Abend ausklingen zu lassen.